57-jährige Patientin mit folgenden Diagnosen:

  • Arterielle Hypertonie
  • Pochender Kopfschmerz linksparietal
  • Hysterektomie bei Portiocarcinom 1973

Vorgeschichte

Seit Jahren leidet die Patientin an arterieller Hypertonie. Einige Zeit hatte sie in den Vereinigten Staaten gelebt und war dort konsequent medikamentös behandelt worden. Die verordneten Medikamente habe sie –wegen starker Nebenwirkungen – abgesetzt. In der Vorgeschichte ist außerdem eine Migräne bekannt, die seit 15 Jahren nicht mehr aufgetreten ist, einige Tage vor stationärer Aufnahme trat ein linksparietaler Kopfschmerz auf. Allgemein ist die Patientin schnell erschöpft.

Die Patientin, die jetzt in der Schweiz lebt, kommt aus eigener Initiative für einen vierzehntägigen Aufenthalt. Bei Aufnahme weist die normalgewichtige Patientin (Körpergröße: 168 cm, Körpergewicht: 58,7 kg, BMI: 20,8 kg/m²) einen Blutdruck von 190/100 mmHg auf sowie einen verbreiterten und hebenden Herzspitzenstoß (als Ausdruck eines verstärkten linksventrikulären Impulses). Im EKG zeigen sich in den Brustwandableitungen V5  und V6  über dem linken Herzen und in Ableitung I, II, III und an aVF Erregungsrückbildungsstörungen mit präterminal negativen T-Wellen.

Therapie und Verlauf

Aus ayurvedischer Sicht hat die Patientin eine Pitta-Vàta Konstitution (Prakrti) mit Vàta-Aggravation. Diese Vàta-Aggravation äußert sich sowohl in Kopfschmerzen  (ayurvedisch: Siroroga) als auch in einer stark sympathikotonen Dysregulation der cardialen Funktion (ayurvedisch: Hydroga). Auf der Grundlage des Pancakarma-Konzepts wird ein kurzzeitiges Heilverfahren eingeleitet. Der Blutdruck ist in den ersten Tagen anhaltend hoch (am zweiten Tag z. B. 190/100, dann 180/95 u. ä.), eine schulmedizinische pharmakologische Therapie wird von der Patientin abgelehnt.

Das Therapieverfahren enthält im einzelnen folgende Elemente:

  1. „Mobilisierende Maßnahmen“ (Pùrvakarma):
    Snehana („Therapie mit Ölen und Fetten“), hierzu gehören äußerliche Anwendungen mit speziellen Ölen und Fetten ebenso wie Snehapána, das ist die Einnahme eines speziell aufbereiteten Butterfetts.
  2. „Hauptmaßnahmen“ (Pradhànakarma):
    • Virecana, Abführtherapie.
    • Bastikarma, speziell zusammengestellte Enemata zur Therapie über die Darmschleimhaut.

Zu diesen „Hauptmaßnahmen“ hinzu werden noch spezielle äußerliche Ölbehandlungen gegeben, in diesem Fall insbesondere Sirodhàrà (vegetativ ausgleichender Stirnölguss) und Pàdàbhyanga (ayurvedische Fußmassage) über mehrere Tage im Wechsel.

Grundlage des ayurvedischen Vorgehens ist größtmögliche Berücksichtigung der Individualität. So werden die Öle und Fette für innerliche und äußerliche Therapie speziell auf den einzelnen Patienten abgestimmt.
Über den ganzen Zeitraum wird die Kost je nach Phase des Heilverfahrens speziell zusammengesetzt. Die Kopfschmerzen traten nach dem Virecana-Tag nicht mehr auf. Der Blutdruck sank nur langsam auf 150/90 mmHg am Abreisetag. Subjektiv fühlte sich die Patientin wesentlich belastbarer als in den letzten Jahren. Klinisch hatte sich der Herzspitzenstoß normalisiert, was wir als Zeichen einer Normalisierung der stark sympathikotonen Dysregulation des Herzens werten.

In der EKG-Kontrolle (ebenfalls am Abreisetag) zeigte sich eine unerwartet deutliche Rückbildung der präterminal negativen T-Wellen mit inzwischen wieder konkordanten T-Wellen. Die starke Vàta-Aggravation konnte aus ayurvedischer Sicht in kurzer Zeit normalisiert werden.